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Tag 1 – Eitorf – Siegburg – Basel – Zürich – Mailand – Genua
Direkt vorab möchte ich mich für die Textwüste dieser ersten Seite entschuldigen. Beim besten Willen hatte ich keine Zeit (und Nerven) irgendwelche Bilder von durchaus sehenswerten Bahnhöfen oder Zwischenstationen zu machen. Meist lag ich waagerecht in der Luft um im Laufschritt zu retten was nicht wirklich zu retten war.
Der Plan war einfach und wie ich fand auch nachvollziehbar: mit dem ICE nach Basel zu fahren, dort 20min später in den Zug nach Mailand um dort wiederum ein Viertelstunde später den Zug nach Genua zu bekommen.
Was lernen wir so sehr schnell und auf die harte Tour? Bei Anschlusszügen mit nur 20min Puffer zu rechnen ist schlicht dämlich…
Aber woher soll ich das auch wissen? Vor fünfzig Jahren wurde ich als Kind mal per Zug zu den Großeltern verschickt und vor fünfzehn Jahren habe ich ein im Internet gekauftes Auto bei Berlin abgeholt. Das wären so ziemlich meine gesammelten Lebenserfahrungen bezüglich Bahn fahren…
Dieses mangelhafte Knowhow fällt mir natürlich umgehend und komplett schon im ersten Zug Siegburg-Basel auf die Füße: Die Sitzplatzreservierung über die Interrail-App hat nicht funktioniert – die Reservierung gilt nicht für den ICE, in dem ich sitze. Die Zugbegleiter sind aber völlig entspannt und platzieren mich der Einfachheit halber erst einmal in der ersten Klasse. Der Zug ist nämlich knüppelvoll, viele sitzen ernsthaft in den Gängen. Im Bahnsprech der Bahn-App nennt sich das übrigens ‚mittlere Auslastung‘.
Die nächsten zwei Stunden verbringe ich mit dem Versuch online einen anderen Sitz zu reservieren für einen späteren Halt für den Rest der Fahrt. Leider sind wir noch in Deutschland – nicht dran zu denken länger als zwei bis drei Minuten eine Online-Verbindung zu haben. Die Verbindungsunterbrechungen – natürlich immer beim Abschluss der Zahlung – schmecken Paypal überhaupt nicht.
Bis Freiburg ist also alles ‚super‘ – keine Verspätung, alles ‚total entspannt‘. Aber immerhin weitestgehend unter eigener Blödheit zu verbuchen.
Dummerweise meint eine Polizeieinheit den Zug in Freiburg durchsuchen zu müssen – eine dreiviertel Stunde Aufenthalt im Bahnhof – ohne jede Info seitens der Bahn.
Alle Folgezüge sind damit natürlich nicht mehr erreichbar. Dumm nur, dass man für diese Züge obligatorisch eine Sitzplatzreservierung kaufen musste und das Geld dafür weg ist. Kann ich mir angeblich ersetzen lassen…
Von Freiburg bis Basel fährt der ICE(!) mit gefühlter Schrittgeschwindigkeit weiter – Baustellen. Und weil der Zug so spät dran ist, hält der eine Station vor Basel Hauptbahnhof. Die Fahrgäste werden hinauskomplimentiert und müssen weitere 20min auf eine S-Bahn warten, mit der man dann später im Hauptbahnhof einen Anschluss suchen kann. Wieder keine Info von der Bahn. Echt jetzt?
In der Zwischenzeit habe ich mir neue Züge nach Genua rausgesucht – erst einmal geht es mit einer Regionalbahn nach Zürich. Dort gibt es einen Zug nach Mailand – nur wo bekomme ich auf die Schnelle eine Sitzplatzreservierung her – ich habe für den Umstieg genau 2min Zeit. Der Mensch von den Schweizer Bahnen bleibt aber gelassen – ich möge einfach einsteigen und mir einen Platz suchen.
Das tue ich auch – trotz Warnlämpchen wegen Reservierung für jemand anderen vertreibt mich keiner. Wahrscheinlich ist der Besitzer des Sitzplatzes nicht bis zum Sitz vorgedrungen – die Bahn ist nämlich so voll wie eine Kölner Straßenbahn am Rosenmontag, die Züricher wollen zum Wochenende alle an den Luganer und Comer See. Meinen Rucksack habe ich jedenfalls mangels Platzes die nächsten zwei Stunden auf dem Schoss. Und für die Aussicht auf die Seen sitze ich auf der falschen Seite – auf meiner Seite ist meist Felswand.
In Mailand gegen 21:00 angekommen habe ich 5 Minuten für den letzten Zug nach Genua und versuche an einem Fahrscheinautomaten die immer noch notwendige Sitzplatzreservierung zu bekommen. Der Automat spricht italienisch mit mir – sowohl mein klassisches wie auch mein mittelalterliches Latein sind dazu inkompatibel. Und bevor ich den Zug verpasse und meine Hotelbuchung in Genua v.A. (neudeutsch ‚für den Arsch‘) ist kaufe ich mir eine reguläre Fahrkarte inkl. der Sitzplatzreservierung für 21€.
Im Zug nach Genua bin ich in meinem Großraum-Waggon im letzten Zug des Tages übrigens allein – so viel zu der obligatorischen Sitzplatzreservierung.
Immerhin hat mein Einsterne-Hotel in den Gassen der Altstadt um Mitternacht noch geöffnet.
Im Nachhinein kann ich tatsächlich sagen, dass dieser Tag eigentlich ganz passabel gelaufen ist. Ich hatte einen Plan um von A nach B zu kommen – und am Ende war ich in B. Den Erfahrungen der nächsten Tage zufolge ist das eher keine Selbstverständlichkeit.
Tag 2 – Genua
Keine Bahn weit und breit – läuft…
Teile der Altstadt wurden 2006 zum UNESCO Welterbe erklärt – aber eigentlich ist die gesamte Altstadt wirklich bemerkenswert. Die Genuesen haben es zu einer wahren Meisterschaft gebracht, Häuser übereinander zu stapeln. Wenn man dann nach oben schaut, hat man das Gefühl, dass die sich alle gegenseitig stützen – da kann einfach nichts umfallen.
Alle gefühlt 50m muss man sich ansonsten in einen Hauseingang retten, weil wieder ein Miniauto als Straßenreinigung im Wortsinne um die Ecke gefegt kommt. Und wenn diese Reinigung durch ist, stürzen die Ladeninhaber auch schon raus um mit den Besen die Fugen zu polieren.
Ist schon ein bisschen überraschend – wenn man doch bei anderen Reisen in Italien erlebt hat, das in Italien südlich von Florenz der Müll gerne auf der Straße gestapelt und dann von Zeit zu Zeit angezündet wird, weil die Mafia die Müllgebühren kreativ anderweitig verwendet hat…


