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Tag 4: Nimes – Montpellier – Barcelona – Tarragona
Der Tag versprach simpel zu werden – der erste Zug fährt erst gegen Mittag nach Port Bou an der spanischen Grenze, dort muss man auf die spanische Breitspur nach Barcelona wechseln, von dort ist es nicht weit bis nach Tarragona.
So ergibt sich ausserdem noch Gelegenheit, am Vormittag das römische Amphitheater und die Altstadt mit dem römischen Tempel von Nimes zu besichtigen.
Kaum sitze ich nach 4km Wanderung im Zug Richtung Montpellier – der erste Aha-Moment.
Die Interrail-App teilt mir mit, dass ich kein Ticket für den Zug habe – dabei hatte ich mir am Vortag für den heutigen Samstag alles schön zusammengestellt.
Dummerweise ist mir nicht aufgefallen, dass die App keine einzige Zugverbindung von Nimes nach Barcelona oder Tarragona für diesen Samstag(!) im Angebot hat, aber mir kommentarlos eine Route für den Sonntag(!) vorgeschlagen hat. Das steht nur im Kleingedruckten obendrüber, ist mir nicht aufgefallen.
In der Stunde bis Montpellier stelle ich fest, dass es tatsächlich keine Möglichkeit gibt, an diesem Samstag bis Mitternacht Barcelona zu erreichen, geschweige denn mein gebuchtes Hotel in Tarragona.
Auf dem Bahnsteig in Montpellier stehe ich nun und überlege, wie ich das Wochenende umplane. Als Anhalter sehe ich mich nicht wirklich, Taxi ist ein bisschen weit, Hotels auf die Schnelle auch keine echte Lösung. Gibt es ggf. Regionalbusse nach Port Bou und dann einfach weiter schauen?
Geistesblitz: Barcelona=Großstadt=Flixbus…
In der Tat und kaum zu glauben – ich habe eine dreiviertel Stunde Zeit in knapp 4km Entfernung auf der anderen Seite von Montpellier einen Flixbus nach Barcelona zu besteigen. 20€ für 3h Fahrtzeit. Es sind 32Grad, die Sonne steht ziemlich zentral über mir. Ich brauche 28 Minuten – aber das war so ziemlich das Gegenteil von ‚Cool‘…
Flixbus ist ebenfalls eine Premiere für mich – Klimatisiert, WLan, USB-Steckdosen und allen Ernstes Filme im Bordinternen Unterhaltungsangebot. Tolle Sache, dieses Interrail…
Der Bus fährt pünktlich ab und kommt pünktlich in Barcelona an. Tolle Sache, dieses Interrail…
Barcelona hat ein gut ausgebautes Metronetz – einmal fahren, solange man will 1,90€. Bin ich von Köln oder Deutschland – defensiv formuliert – anders gewohnt…
Nun sind es nur noch wenige Kilometer bis Tarragona – eine Regionalbahn via Tarragona nach Reus fährt von 19:03 bis 20:35 und dann noch einmal 3km zum Hotel laufen. Was soll da schon schiefgehen…
Nun ja – schlimmer geht immer. 30km vor Tarragona hält der Zug in einem Bahnhof und fährt irgendwie nicht weiter. Keine Infos – irgendwann kommt ein Bahnbediensteter und komplimentiert alle Fahrgäste hinaus – Bahnersatzverkehr per Bus. Kenne ich, fährt dann die Stationen ab und alles ist gut.
Nichts ist gut – spanischer Bahnersatzverkehr funktioniert wohl anders. Das fällt mir recht schnell auf, als der Bus erst in Richtung Barcelona zurück, in weitem Bogan auf die Autobahn an Tarragona vorbei auf direktem Weg zur Endhaltestelle nach Reus 20km hinter Tarragona fährt.
Immerhin – es ist 21:00 – am Schalter im Bahnhof von Reus ist noch jemand – 20min später soll ein Schienenersatzverkehr(!) nach Tarragona starten.
Und tatsächlich – ein Bus kommt. Was soll da jetzt noch schief gehen? Denke ich…
Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen – schlimmer geht immer. Nach einer Weile hält der Bus, der Fahrer ruft ‚Tarragona‘, ich steige aus. Und bin in Vila Seca. Sicherlich ein nettes Städtchen, hat aber nix mit Tarragona zu tun. Wahrscheinlich wollte der Kerl früher Feierabend machen…
Onkel Google verrät mir, das es ’nur‘ noch 6km bis zu meinem Hotel sind…
Immerhin ist es dunkel und damit unter 30Grad, also gehe ich los – immer entlang der N340. Das ist die teilweise zur Schnellstraße ausgebaute Nationalstraße, die über 1250km von Barcelona nach Cadiz führt. Zum Glück hat die einen breiten Standstreifen. Und immer schön schauen, ob einer von den tausend entgegenkommenden Autos nicht vielleicht doch Schlangenlinien fährt, damit man rechtzeitig in den Straßengraben hüpfen kann.
Nach einem inspirierenden Marsch vorbei an 4km Chemiefabriken und dahinter 2 km Gewerbegebiet erreiche ich das Hotel um 22:50 – in der Lobby läuft das verspätet angepfiffene Champions League-Finale zwischen Klopps Liverpool und Real Madrid.
Es steht 0:0. Ich brauche geschätzte 3 Minuten, um meinen Rucksack im Zimmer abzuwerfen und wieder in der Lobby zu erscheinen.
In den drei Minuten ist das einzige Tor gefallen – natürlich auf der falschen Seite. Danach sitze ich noch eine halbe Stunde – wenigstens mit einem eiskalten Bier – in der Lobby und warte auf irgendein spätes Erfolgserlebnis.
Zwischen all den anderen Hotelgästen…
Ausnahmslos Real-Madrid Fans…
In Katalonien…
Tag 5: Tarragona
Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten Jahrzehnten an Tarragona vorbei gefahren bin. Aber das ist ja auch genau der Sinn dieser Reise – einiges von dem anzuschauen, was zuvor und möglicherweise unverdient sozusagen hinten runtergefallen ist.
In dieser Hinsicht ist Tarragona durchaus sehenswert: eine nette Altstadt umgeben von Stadtmauern, etliche römische Hinterlassenschaften und eine hübsche Flaniermeile, die Rambla Nova.
Lediglich die Strandpromenade schwächelt etwas. Könnte aber ein subjektiv gefärbter Eindruck sein – die Bahnlinie führt dort entlang.


