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Tag 17: Bordeaux – Windeck
Nun möchte ich nicht so weit gehen und von einem Strategiewechsel in der Reiseplanung sprechen.
Aber da ich schlecht mit dem Bus nach Hause fahren kann (Flixbus Bordeaux-Köln 10:15-04:00, 90€) ist wohl ein Strategiewechsel angesagt – ich muss allen Ernstes wieder Bahn fahren – so traurig oder traumatisierend das auch sein mag.
Aber wenn, dann nur so weit wie unbedingt nötig.
Also rufe ich Sohnemännchen an, ob er Lust hat, einen Ausflug nach Lüttich zu machen. Schließlich hatte ich vorher schon Zeit genug, die Nachrichten zu verfolgen, wie überragend – oder auch nicht – die deutsche Bahn zu einem Wochenende hin mit dem 9€-Ticket zurechtkommen würde – in meinem Fall von Aachen nach Eitorf.
Wäre sicherlich ein echt würdiger Abschluss meiner Tour geworden. Wollte ich das? Nööööö…
Aber immerhin: TGV Bordeaux-Paris Montparnasse, in 2 Stunden und 8 Minuten. Mit dem Auto 585km. Pünktlich bei Abfahrt und Ankunft. Wer mag, kann ja mal die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen. Wow…
Und die Sitzplatzreservierung Frankreich untypisch ‚nur‘ 10€. Wow…
Damit war nun wirklich nicht zu rechnen – der Tag muss doch einen Haken haben. Nun ja: kommt Zeit, kommt Haken.
Erst im Zug nach Paris (liebe deutsche Bahn: da gab es durchgehend LTE auf dem Handy) versuche ich die nächste Etappe zu buchen – immerhin muss ich ja auch noch quer durch Paris vom Gare Montparnasse zum Gare du Nord und vorher konnte man ja nicht ahnen, das man bei einem Zwischenziel auch mal – oder besser gesagt gefühlt erstmalig – wie geplant ankommen könnte.
Ich gebe mir einen Zeitpuffer von anderthalb Stunden in Paris und versuche die Sitzplatzreservierung für die 300km nach Brüssel im TGV zu buchen.
Abfahrt 12:25 – Tante Interrail meldet mir: keine Sitzplatzreservierung gefunden. Auf Bahndeutsch heißt das wohl: ausgebucht.
Abfahrt 13:25: dasselbe, Abfahrt 14:25: auch nix, Abfahrt 15:25: nope.
Inzwischen überlege ich, meinen angedachten Abholservice abzubestellen und das ich vielleicht besser eine Nacht in Paris einschiebe und sich sein Ausflug um einen Tag verschiebt. Aber dann: 16:25, ein Ticket!
So voll wie der Zug dann nachher war, war es wohl das letzte verfügbare.
Nun gibt es wirklich schlimmere Städte als Paris, um sich ein paar Stunden die Zeit zu vertreiben. Seit ich das letzte Mal dort war, hat man Notre Dame im Wortsinn ruiniert und die Schnellstraßen am Seineufer zu Fußgängerzonen/eScooter-Rennbahnen umgewandelt. Beide Sehenswürdigkeiten kann man prima miteinander verbinden.
Dann kommt man wahrscheinlich beim Louvre und ggf. beim Place de la Concorde vorbei – die sehen aber immer noch so aus wie früher. Was aber ein bisschen ‚strange‘ wirkt, ist der Ikea neben der Madeleine – für mich bemisst sich ein Ikea in mehreren blaugelben Hektar und nicht in 15 Metern Schaufenster.
Bei meinem komfortablen Zeitpuffer von fast 6h Aufenthalt habe ich natürlich keine Schwierigkeiten, den Zug nach Brüssel zu erwischen – dort klärte sich auch, warum ein Zug von Paris nach Brüssel an einem Freitagnachmittag ausgebucht sein sollte.
In der Gegenrichtung wäre das für mich insofern nachvollziehbar, wenn die Franzosen bei den EU-Behörden in Brüssel Feierabend machen und nach Hause wollen.
In Richtung Norden kommt aber noch etwas hinter Brüssel – der Zug fuhr nach Amsterdam und war entsprechend voll mit Niederländern, die im Zug (alle!) noch die übrig gebliebenen Büroarbeiten, Telefonate und Teams-Meetings abarbeiteten. Fleissiges Völkchen eben…
Nicht vergessen: außerhalb Deutschlands kann man flächendeckend von Handyempfang ausgehen. Man könnte auch fast soweit gehen und von einem Wettbewerbsvorteil sprechen.
Ansonsten ging es weiter wie gewohnt: Eingeklemmt zwischen 5 Notebooks und 7 Handys in meinem Sechserabteil konnte ich in aller Ruhe aus dem stehenden(!) Zug schauen – Personen auf der Strecke.
Immerhin: Zugdurchsagen, wenn etwas schief geht. Aha… Geht doch…
Ach ja – und by the way: die Sitzplatzreservierung Paris-Brüssel kostete lächerliche 27€.
Der Zwerg rief zwischenzeitlich an, dass er pünktlich (Scherzkeks – der ist ja auch mit dem Auto unterwegs gewesen) und wie vereinbart in Lüttich am Bahnhof steht. Ich war noch nicht mal in Brüssel…
Irgendwann hatte das Elend ein Ende – die Niederländer mussten zwischenzeitlich Ihre Büros abbauen, da ich blöderweise den Fensterplatz hatte und irgendwie aussteigen musste.
Die Kurzstrecke von Brüssel nach Lüttich – schließlich muss ich ja bei Tante Interrail den korrekten Zug in der App eintragen – war dann witzigerweise der ICE nach Köln. In der App stand irgendetwas wie ‚Es gelten Bedingungen‘ – ohne das aber weiter auszuführen. Aha…
Ich vermute Bahnsprech für ‚buche gefälligst eine Sitzplatzreservierung‘. Wisst ihr was? [Götz von Berlichingen]…
Im Zweifel schließe ich mich für diese letzten 47 Minuten auf der Zugtoilette ein…
Letztlich aber dann doch Entwarnung – bei der Fahrscheinkontrolle werde ich weder verhaftet noch mit Strafzahlungen belegt.
Der Bahnhof in Lüttich ist übrigens auch so einen Ausflug wert. Wem die Architektur nach diesem Reisebericht bekannt vorkommt: der Architekt ist derselbe, der für den Raumschiff-Friedhof in Valencia verantwortlich ist. Sieht super aus – nur die Leute, die diese Bauten putzen oder warten müssen, hassen den Architekten.

Und: schwuppdiwupp – mit nur zwei Stunden Verspätung komme ich letztendlich auch in Lüttich an – Söhnchen ist da, Auto ist da, Gummi…
Läuft…
P.S.: Wo zum Teufel bekomme ich jetzt preiswert ein Wohnmobil her? Der ID Buzz ist ja VW-typisch nicht wirklich bezahlbar…


